<--- Waisenheim
Der Himmel hatte sich während der zehn Minuten Rad fahren zur Redaktion erhellt, doch gleichzeitig hatte ein stetiger, kalter Nieselregen eingesetzt. Als Aoi an dem dreistöckigen Haus ankam, war sie schon recht nass - ihr Regenmantel wies leider an einigen strategisch ungünstigen Stellen (wie zum Beispiel dem Nacken) Löcher auf.
Die Druckermaschinen dröhnten, als Aoi durch ein Nebentor ins Gebäude trat. Vor ihr stapelten sich die Zeitungen, streng nach den Stadtgebieten sortiert, in denen sie verteilt werden sollten.
Die meisten Zeitungsboten waren mit Autos unterwegs, doch Aoi hatte von der Zeitung einen Radanhänger gestellt bekommen, in den sie jetzt ihre Stapel lud. Ihr "Revier" waren die teureren Teile des Wohnviertels, wo es einfach besser ins Ambiente passte, wenn die Zeitung nicht mit dröhnenden Motoren anrollte - so wie in den guten alten Zeiten eben. Das war es jedenfalls, was man Aoi erzählt hatte. Da sie so früh morgens aber kaum jemanden sah, der diese nostalgische Geste zu schätzen wusste, fand sie selbst diese Begründung ziemlich albern. Doch solange sie ihr Arbeit verschaffte, hütete die Löwenhybridin sich, irgendetwas zu sagen.
In ihrem Kopf hatte sie sich den Chef der Featora Times immer als einen alten Mann vorgestellt, ein Kauz, der die Zeitung geerbt hatte, sich kaum in die Geschäfte einmischte und alles irgendwelchen Untergebenen überlies. Wahrscheinlich hatte dieser alte Kauz ein paar... nun, kauzige Ideen gehabt, und als Resultat fuhr Aoi nun mit dem Fahrrad Zeitungen aus. Aber da sie diesen Chef eh nie zu Gesicht bekommen hatte, war das alles pure Spekulation.
Mit solchen Gedanken im Kopf fuhr Aoi ihr Fahrrad samt vollbepacktem Anhänger wieder aus der Druckerei heraus. Nun musste sie sich ordentlich in die Pedale stemmen, denn der Anhänger war schwer beladen und drohte bei jedem kleinen Hubbel aus dem Gleichgewicht zu geraten.
---> Wohnviertel